| Was ist eine Hofmark ? Was ist HofmarkART ? Warum HofmarkART ?Der folgende Betrag von Martin Wölzmüller beschreibt die Hintergründe der HofmarkART 2002 ... und gilt heute unverändert weiter. Die Heimat mit Zeichen versehenDas Projekt HofmarkART: Wahrnehmungsübung, Kunstaktion und Erinnerung an die Vergangenheit eines Landstrichs MARTIN WÖLZMÜLLER Die eigene Heimat in ihren Details wahrzunehmen, wird umso schwieriger, je mehr der Mensch an sie gewöhnt ist, je mehr er sie zu kennen glaubt. Der Wert, den die nähere Umgebung als gestaltete Welt in sich trägt, wird vielfach erst dann wieder sichtbar, wenn Verluste oder die Zerstörung des gewohnten Umfelds drohen. Das Bild von der nahen Welt verblasst offenbar durch deren andauernde Verfügbarkeit. So erklärt sich auch, dass sich in den Orten der ehemaligen Hofmark Hegnenberg, die sich heute auf den Gebieten der Landkreise Aichach-Friedberg und Fürstenfeldbruck befinden, fast keine Erinnerung an die ehemalige Zusammengehörigkeit mehr findet. Bis 1803 war die Hofmark als Zone eigener Niedergerichtsbarkeit und Instrument landesherrlicher Territorialpolitik eine Eigenheit der bayerischen Geschichte. Es handelt sich dabei um einen Komplex von Grundstücken und Gebäuden bis hin zu mehreren Dörfern, über die der meist adelige Hofmarksherr die niedere Gerichtsbarkeit ausübte. Dazu zählen die freiwillige Gerichtsbarkeit, die Polizeigewalt einschließlich Feuer- und Lebensmittelschau, Scharwerksrecht, Musterung sowie das Recht der Kleinwildjagd auf den hofmärkischen Gründen. Als Hofmarksherren treten in erster Linie Adelige auf, die andere große Gruppe sind landständische Klöster. Weitere Gruppen sind die Hochstifte, die Domkapitel sowie die wenigen reichsständischen Klöster Altbayerns. Die Erinnerung daran bei den heutigen Bewohnern der Hofmark Hegnenberg wieder zu wecken und erlebbar zu machen, war eines der Motive für die Aktion „HofmarkART”, die der Fürstenfeldbrucker Kreisheimatpfleger Toni Drexler, unterstützt von Personen und Gruppierungen aus der gesamten Region, im Sommer 2002 begonnen hat. 
 
 Unter der Paarbrücke in Heinrichshofen wurde ein aus neun farbigen Leuchtstoffröhren bestehendes Lichtband installiert. Die mit dimmbaren elektronischen Vorschaltgeräten ausgestatteten Leuchten erzeugen nach Einbruch der Dämmerung einen ruhigen und sanft wirkenden Farbwechsel und tauchen die Paar und die umgebenden Gebäude in variierende Lichtstimmungen: Einmal grell und kalt, zwei Minuten später warm und freundlich präsentierte sich die Umgebung der Brücke während des ganzen Winters. Auch die Tradition wird hereingenommen in die einzelnen Werke: Zwei Künstlerinnen haben die örtliche Sage von der Kranzljungfer inszeniert. In einem Waldstück stößt der Spaziergänger auf eine kleine Wasserfläche, in der er die Umrisse einer Frauenfigur entdecken kann. Infrarotmelder setzen wehende Seegrasbüschel in Bewegung. Die Installation erinnert an eine Sagengestalt, die Kranzljungfer, die spät heimkehrende Hochzeitsgäste in die Irre führte und sie erst nach längerer Zeit wieder heimwärts gehen ließ. 
 Wichtigster Grundsatz von HofmarkART ist der Anspruch, für alle offen zu sein, die mitmachen möchten. So wird die gesamte Aktion neben einer Reihe ambitionierter Kunstschaffender zu einem großen Teil von Laien - Kindern und Erwachsenen, Bauern und Handwerkern, Schülern, Arbeitern und Selbständigen, Männern und Frauen - getragen. Ausdruck selbst gemachter Kultur soll sie sein. Darum ist nur selten von Kunst die Rede. Viele haben sich zum ersten Mal mit ihren schöpferischen Fähigkeiten auseinandergesetzt. Insofern hat HofmarkART auch den pädagogischen Effekt der Ermutigung und des praktischen Lernens, sich öffentlich kreativ zu äußern. Dass neben seinen handwerklichen Fähigkeiten auch künstlerische Potenziale in ihm schlummern, das hat so mancher Teilnehmer erst durch das Mitmachen entdeckt. Wichtig war aber sicherlich auch der Gesichtspunkt, gemeinschaftlich zu arbeiten, der es vielen erleichterte, mitzutun. Gezeigt wird, dass der ländliche Raum auch in Stadtnähe mehr ist als eine Ansammlung von Schlaforten. Es gibt eine Vielfalt anderer Aspekte, wie eine lebendige Kunstszene und eine ausgeprägte Hinwendung zu Natur, Landschaft und Geschichte, die zu einer Auseinandersetzung einladen. Im „Cinema paradiso” läßt sich in Kinosesseln auf einer imaginären Leinwand die Landschaft um Hofhegnenberg betrachten, so als müsse man erst die Situation der Vorführung schaffen, um das immer Vorhandene sehen zu können. Für den Betrachter wird jedenfalls klar: wichtig ist die Freude aller Mitwirkenden am Gestalten, an einer neuen Art, Dorfkultur zu betreiben und die Lust an der gemeinsamen Aktion. Es werden keine Bedingungen an Form, Aussage und künstlerische Perfektion gestellt, um wirklich allen die Begegnung mit der eigenen kreativen Fähigkeit möglich zu machen. Jeder, der etwas beigetragen hat, ist aber auch für die inhaltliche Aussage, die standfeste Aufstellung, Unfall- und Diebstahlssicherheit seiner Werke selbst verantwortlich. 
 Die Aktion ist seither auch eine herzliche Einladung an alle Menschen aus der näheren und weiteren Umgebung, durch die Ortschaften zu spazieren und neben den Skulpturen auch das Dorf anzusehen und kennen zu lernen. Regionale Kultur, Dorfkultur, Heimat, leben von der Tatsache, dass sie für alle zugänglich sind und von möglichst vielen mitgeprägt und miterlebt werden können. Die Mitwirkenden möchten damit die eigenen Augen und die der anderen öffnen für die (fast) grenzenlosen Möglichkeiten, sich für das persönliche Umfeld einzusetzen, ihm mit den eigenen Mitteln selbständig Form zu geben und damit Heimat auf moderne Weise zu schaffen. Die Kunst, so scheint es hier, ist aus dem Museum ausgebrochen! aus: Schönere Heimat, 92. Jg. 2003/Heft 1, S. 41 – 44. | 

 Das ist HofmarkART
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